28. August 2017

Offshore - der neue Krimi von Petros Markaris

Immer wieder ist der beliebte griechische Autor Petros Markaris für eine Überraschung gut. So auch diesmal wieder mit seinem neuen, letztes Jahr auf Griechisch erschienenen Krimi, der nun auch in deutscher Übersetzung vorliegt.

Das Stammpersonal ist das aus den bisherigen Folgen der Krimireihe bekannte geblieben - der etwas schrullige und altmodische, aber gewiefte, sympatische und rechtschaffene Kommissar Kostas Charitos, seine fürsorgliche, patente Frau Adriani, seine inzwischen erwachsene Tochter Katerina - eine Rechtsanwältin - und deren Mann, der Kardiologe Fanis, dessen Eltern, Katerinas Partnerin und gute Freundin Mania, deren deutscher Ehemann Uli und der engste Freund der Familie, der Altkommunist Sissis. Kostas kennt ihn seit seinen ersten Tagen bei der Polizei während der Zeit der Militärdiktatur, als er ihn im Foltergefängnis der Machthaber, in dem er einsaß, zu bewachen hatte, und alle Familienmitglieder konsultieren ihn gern, wenn sie mal nicht mehr weiter wissen, da er voller Lebensweisheit steckt und schon soviel durchgemacht hat, dass ihn offenbar nichts mehr erschüttern kann. Auch die Mitarbeiter des Kostas Charitos und sein Chef Gikas sind wieder mit von der Partie. Doch hat man ihnen einen neuen Vizepolizeipräsidenten vorgesetzt, der ihnen genaue Vorgaben machen und laufend informiert sein will und mit dem sie bald in Konflikt geraten sollen.
Ein Personenverzeichnis am Ende des Buchs will dafür sorgen, dass man nicht den Überblick verliert. Nur tut man sich bei der alphabetischen Suche darin schwer, weil nach Nachnamen sortiert ist, im Text hingegen meist die Vornamen auftauchen.

Markaris lässt seinen neuen Krimi zum griechischen Osterfest beginnen - dem größten Fest des griechisch orthodoxen Jahreszyklus. Auf die Prozession am Karfreitag folgen die Osterwünsche "Chronia pollá ke kalí Anástasi" (wörtlich "Viele Jahre und gute Auferstehung" - in der Übersetzung von Michaela Prinzinger mit "Alles Gute und frohe Ostern" übersetzt) und schließlich der Ostergruß "Christós anésti" ("Christus ist auferstanden"). Tatsächlich geht mit der frohen Osterbotschaft ein munterer Aufschwung im Lande einher. Schluß mit Grabesstille in den Straßen Athens. Die Blechlawinen rollen wieder, Hupkonzerte ertönen. Es geht aufwärts in der Stadt und im Land, in das neues Geld fließt und in das die Reeder, die zuvor im Ausland ihre Firmensitze hatten, zurückkehren. Doch was mag diese plötzliche Wende herbeigeführt haben? War es das Gelübde, das Adriani, die Frau des Kommissars Kostas abgelegt hat, die damit die Muttergottes anflehte, die Krise möge ein baldiges Ende haben? Oder was steckt dahinter?

Dies ist der fünfte Krimi aus der insgesamt schon 11 Folgen umfassenden Serie, in dem Machenschaften und Morde vor dem Hintergrund der Finanzkrise in Griechenland geschehen. Drei davon hatte Markaris als Krisentrilogie ausgelegt. Dann folgte „Zurück auf Start“ (griechischer Titel Tifloi telous (Abspann)) als Epilog zur Krisenkrimi-Triologie und nun dieses neueste Werk, das erstmals nicht die reale Situation Griechenlands widerspiegelt, sondern auf die Fiktion aufsetzt, die Krise sei durch einen plötzlichen Zustrom an Investitionen und einen damit einhergehenden Aufschwung überwunden.

Obwohl diesmal vor einem fiktiven Hintergrund agiert wird, ist auch dieser neue Band der Krimireihe wieder geeignet, sich in griechisches Brauchtum und griechische Lebensart einzulesen. Schön sind die Osterbräuche beschrieben. Die Übersetzerin lässt dabei kleine Erklärungen einfließen, wie beispielsweise die des Epitaphios und der Lambada, der "blumengeschmückten Bahre mit einem Stofftuch, das mit der Ikonendarstellung der 'Totenklage am Grab' bestickt ist" und in den Karfreitagsprozessionen mitgeführt wird und der "Osterkerze". Viel an griechischer Mentalität und griechischem Alltag fließt auch wieder in diesen neuen spannenden Roman ein. Wohl um den Lesefluss nicht zu stören hat die Übersetzerin komplizierte Wegbeschreibungen durch Athen gekürzt. Außerdem hat sie teils die Duz- beziehungsweise Siezgewohnheiten deutschem Usus angepasst. Das mag sinnvoll sein, um kein falsches Licht auf die Akteure zu werfen, die ganz nach griechischer Gewohnheit mal Gleichgestellte und Untergebene duzen, Höhergestellte hingegen siezen, mal munter zwischen Du und Sie hin- und herspringen. Näher dran an der griechischen Gepflogenheit wäre es gewesen, auf diese Anpassung zu verzichten. Insgesamt liest sich die Übersetzung angenehm flüssig und wird dem Werk gut gerecht.

Interessant die verschiedene Cover-Gestaltung des griechischen Originals und der Übersetzung. Auf dem schwarzen Originalcover schwebt eine riesige schattengraue Hand über den ebenso schattengrauen Umrissen Griechenlands und dirigiert es mit blutroten Strippen. Welch ein Sinnbild!
Der leinengebundenen deutschen Übersetzung wurde ein weißer Schutzumschlag übergezogen, auf dem ein urlaubssonniges Bild einer griechischen Bucht mit Segelboot auf dem blauem Meer prangt.

27. August 2017

Fest des Hl. Fanourios am 27. August

Der Name des Heiligen hat Anklang an das griechische Verb fanerono (φανερονω), was offenbaren, zeigen bedeutet. Und so wenden sich diejenigen griechischen Gläubigen an den Heiligen, die etwas suchen, egal of es etwas Konkretes wie ein verlorener Gegenstand ist oder ob sie auf der Suche nach einer Lösung für ein Problem oder einem Ausweg aus einer schwierigen Situation sind. Gern bringen sie dann am Gedenktag des Heiligen, dem 27. August ein spezielles Gebäck, die so genannte fanouropita zu seiner Ikone, um ihn zu bitten, ihnen das zu zeigen, was sie suchen. Oft geht es dabei auch um zwischenmenschliche Beziehungen, um einen geliebten Menschen, den man verloren hat oder bei jungen Mädchen, die dem Heiligen einen Kuchen bringen, um die Hoffnung auf einen geeigneten Ehemann.

Kirchen, die dem Heiligen Fanouris oder Fanourios geweiht sind, feiern am 27. August ihr panigyri. Auf Rhodos, dessen Schutzheiliger der Hl. Fanouris ist, findet eine große Prozession statt.

19. August 2017

Gerade gelesen: Sonne, Schüsse und Souvlaki

Sonne, Schüsse und Souvlaki -
Kulinarische Krimis aus Griechenland garniert mit Kochrezepten


An den 16 literarischen und kulinarischen Leckerbissen des Krimibands Sonne, Schüsse und Souvlaki habe ich die letzten Sommerwochen genascht wie an einer einladenden Pralinenschachtel. Mal am Badesee, mal bei einem kleinen Päuschen auf dem Liegestuhl im Garten, mal in der Straßenbahn auf der Fahrt in die Stadt habe ich eine der 16 kleinen, in sich geschlossenen Krimigeschichten gelesen. Dabei durfte ich reinschmecken in die unterschiedlichen Erzählweisen von 16 Autor(inn)en und mir bei den griechischen Kochrezepten, die jedem ihrer kleinen Krimis folgen, den Mund wässrig machen. 

Griechische Handlungsorte

Nicht nur nach Athen und Piräus und auf bekannte griechische Inseln wie Kos und Rhodos führen die 16 Kriminalgeschichten. Auch in Gegenden, die kaum in einem Urlaubsprospekt auftauchen, spielen einige der Geschichten.
So hält in der ersten mit dem Titel Dim und Nik waren hier der Ich-Erzähler seinen Monolog in einer Höhle auf der kleinen Kykladeninsel Antiparos, in der er mit seinem Freund festsitzt und auf Ereignisse und Umstände zurückblickt, die die beiden hierher verschlagen haben: Auf einen Mord und auf eine seltsame Freundschaft.

Auf die Insel Kythira südlich der Peloponnes geht die letzte Krimireise des Bands. Vor ihrer Küste liegt das Calypsotief, die mit fast 5300 Metern tiefste Stelle des Mittelmeers. Und dieses Meerestief hat die mit ihrem Ehemann unzufriedene mannstolle Icherzählerin der Geschichte inspiriert ...!

Reiseerinnerungen und Reiselust werden erweckt


Diese erste und letzte ebenso wie einige der anderen Geschichten, die die Buchseiten dazwischen füllen, ließen in mir Urlaubserinnerungen wach werden. Ganz besonders Nessa Alturas Kos betitelte Geschichte!  In ihr geschieht fast genau das, was ich befürchtet hatte, als ich einst in der Embros Therma saß - einem natürlichen Thermalbecken im Meer im Südostteil der Dodekanes-Insel Kos. Vom steilen Küstenfels stürzt ein Tier herab - nur ist das der Nessa Altura eine Nummer größer als die Tiere, die ich damals tatsächlich dort droben am Fels herumklettern und kleine Steine lostreten sah. Nicht nur wegen dieser Episode, die so nah an meine eigenen Erinnerung herankommt, ist Alturas vielschichtige Kurzgeschichte eine meiner Lieblingsgeschichten der Anthologie. Der erschreckende Absturz ist nur eines der vielen Momente, an die sich die Protagonistin der Erzählung erinnert, während sie auf die Etappen ihrer Ehe mit einem Griechen und ihre gemeinsamen Reisen auf dessen Heimatinsel zurückblickt. Vor allem geht es um einen ehemaligen heimlichen Verehrer, um die Eifersucht ihres griechischen Gatten und um ein Mal auf dessen Haut, das an die Umrisse der Insel Kos erinnert und das ihr aus einem ganz bestimmten Grund ganz besonders gefällt.


Griechische Landschaften und Mentalität, Mythologisches, Philosophisches, Musikalisches und vieles mehr scheinen in einzelnen der Erzählungen auf

In einige Geschichten fließen viel von griechischer Mentalität und Befindlichkeit sowie von ganz aktuellen Problemen der Menschen in einem krisengeschüttelten Land ein. Manche enthalten schöne Landschaftsbeschreibungen, wie beispielsweise Das Geheimnis der Zagorochoria, eine Erzählung, die in einer Gebirgsgegend in der nordwestgriechischen Region Epirus spielt und durch Gebirgsstraßen mit atemberaubenden Aussichten und in Bergdörfer mit schönen alten Steinhäusern führt.

Ein wenig mythologisch angehaucht kommt die turbulente und unheimliche Erzählung Charon von Marcus Imbsweiler daher, ein wenig philosophisch Die Wespen von Jutta Motz .

Musikalisch wird es in O Saltadoros des österreichischen Journalisten und Schriftstellers Günther Zäuner - auch dies, wie "Kos", eine meiner Lieblingsgechichten aus der Kriminalanthologie.

So bietet die Anthologie nicht nur spannende Lektüre, sondern vermittelt auch etliches an Hintergrund über Land und Leute.
Merken

6. August 2017

Das neue Griechenlandjournal ist da!

Eine schöne Lektüre für entspannte Stunden auf dem Liegestuhl, ob im Urlaub oder daheim: Die Ausgabe Sommer 2017 des von der Griechenlandzeitung herausgegebenen Griechenland-Journals, die unter dem Motto Griechenland von A bis Z steht und vor allem die nicht augenfälligen, überraschenden Seiten des Landes zeigt, die es sonst kaum in die Presse und und in die einschlägigen Reiseführer schaffen.
Anregungen zum Reisen und Genießen und viel Wissenswertes über Land und Leute vermitteln die reich bebilderten, lesenwerten Artikel des Journals, die Einblick in den traditionellen Bootsbau und in innovative kleine Unternehmen und landwirtschaftliche Betriebe bieten, Hintergründe zu Brauchtum, Ikonenmalerei und vielem mehr beleuchten und Orte abseits der üblichen Touristenpfade und Kulinarisches jenseits von Gyros und Tzatziki entdecken lassen.